Nachhaltigkeit, Digitalisierung und regionale Identität im Alpenraum – Impulse für den Tourismus der Zukunft
Mit dem Abschlusskongress in der Traunsteiner Klosterkirche endet das Interreg-Projekt „Lebenswerter Alpenraum“
Beim Abschlusskongress zum Tourismus im bayerisch-österreichischen Alpenraum, zu dem neben Fachpublikum auch viele einheimische Interessierte gekommen waren, standen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die Rolle der Regionen im Zentrum. Drei Jahre lang arbeiteten die Chiemgau GmbH, der Campus Chiemgau sowie der Traunsteiner Hans Wembacher mit der Fachhochschule Salzburg, der Johannes Kepler-Universität in Linz und dem Salzkammergut eng zusammen. Das Projekt „Lebenswerter Alpenraum“ stellte mit einer Gesamt-Fördersumme von 1,1 Millionen Euro die Bevölkerung in den Mittelpunkt. Projektleiterin Irene Wögerer von der Universität Linz verwies in ihrer Abschlusspräsentation unter anderem auf die große Umfrage im Chiemgau und Salzkammergut im Jahr 2023. Sie ergab, dass Tourismus in beiden Regionen überwiegend positiv gesehen werde, doch Verkehr und Wohnraum bleiben Herausforderungen. Nachhaltigkeit, Kultur und Brauchtum sieht Wögerer als Schlüssel, um Lebensqualität zu sichern und junge Menschen in der Region zu halten. Innovative Ansätze wie digitale Kultur-Apps, interaktive Radtouren oder virtuelle Erlebnisse, wie sie im Projekt entstanden sind, lieferten ihren Worten zufolge neue Perspektiven für Einheimische wie Gäste – und der Alpenraum bleibe auch in Zukunft höchst lebenswert.
Zwei hochkarätige Vorträge zeigten unterschiedliche Perspektiven und gemeinsame Chancen für die Zukunft auf. Kabarettist und Heimatbotschafter Django Asül unterhielt das Publikum mit einem launigen Impulsvortrag, der die soziale Dimension von Nachhaltigkeit betonte. Tourismus müsse Ressourcen schonen, finanzierbar bleiben und von den Menschen vor Ort akzeptiert werden. Angesichts von Wohnraumknappheit und gesellschaftlichen Spannungen seien neue Wohn- und Beteiligungsmodelle gefragt. Entscheidend bleibe die echte Gastfreundschaft: Die Gäste sollen sich willkommen fühlen – nicht nur ihr Geld.
Journalist und KI-Experte Christian Schiffer vom Bayerischen Rundfunk zeigte anschließend mit eindrucksvollen Beispielen, wie rasant sich Künstliche Intelligenz entwickelt. KI sei eine Basisinnovation, die Gesellschaft und Wirtschaft ähnlich stark verändern werde wie Internet oder Elektrizität. Doch die Technologie habe Grenzen und Risiken – von falschen Inhalten bis hin zur emotionalen Abhängigkeit junger Menschen. Sein Fazit: Im Tourismus wird Authentizität noch wertvoller, je mehr synthetische Inhalte entstehen. Für Destinationen und Betriebe sei entscheidend, wie sie in die Ergebnisse von KI gelangen. Diese Systeme beziehen ihre Informationen vor allem von Reddit, Wikipedia, TripAdvisor oder Yelp. Daraus entsteht der neue Bereich GEO – Generative Engine Optimization: Inhalte müssten so aufbereitet werden, dass sie für KI sichtbar und in Antworten eingebunden werden. Sein Appell an den Tourismus: Die größte Stärke bleibt die menschliche Begegnung – Authentizität und Vertrauen werden in einer KI-geprägten Welt immer wertvoller.
Prof. Andreas Straube vom Campus Chiemgau stellte innovative Anwendungen mit Virtual und Augmented Reality vor, die im Rahmen des Projekts für die Region entstanden sind: 360°-Videos für virtuelle Reisen, etwa im Heimathaus Traunstein oder im Museum Salz&Moor in Grassau, interaktive Avatare, digitale Radtouren oder kreative Marketing-Ideen wie der „Flaschengeist“-Avatar beim Hofbräuhaus Traunstein. Als Ausblick zeigte er das Konzept des „digitalen Zwillings“, der durch Echtzeit-Daten und Simulationen völlig neue Möglichkeiten für den Tourismus eröffnet. Die Entwicklungen zeigen, wie digitale Technologien touristische Angebote erweitern, Geschichten emotional erfahrbar machen und neue Formen der Interaktion zwischen Gästen und Regionen schaffen. Der Kongress machte deutlich, dass nachhaltiger Tourismus im Alpenraum nur gelingt, wenn Ökologie, Ökonomie und soziale Aspekte zusammengedacht werden – und wenn regionale Identität und neue digitale Möglichkeiten klug miteinander verbunden werden. Alle Ergebnisse des Projekts sind im Internet unter www.lebenswerter-alpenraum.com vorgestellt.